Bewusstseinswissenschaften – Grundlagen, Modelle und Visionen
Zusammenfassung
Für die Aktivitäten des neu geschaffenen Wissenschaftszweigs der Angewandten Bewusstseinswissenschaften möchte ich als Diskussionsgrundlage einige Modelle der Beschreibung des Phänomens Bewusstsein vorstellen, die sich aus der modernen Bewusstseinsforschung ergeben. Das erste Modell basiert auf der zeitlichen Dynamik der Informationsverarbeitung im Gehirn. Anhand der elektrischen Hirnpotenziale wird die hierarchische Abfolge von Vorgängen der Aufmerksamkeit über Mustererkennung, Kategorisierung, Assoziation bis hin zu Bewertungen und weiterführenden Gedanken beschrieben. Ein weiteres Modell beschreibt den Vorgang der Wahrnehmung als einen Akt der Verinnerlichung, der schließlich zu uns „selbst“ als bewusstem Beobachter führt. Dabei wird deutlich, dass jede Wahrnehmung über das Schauen einer inneren Repräsentation erfolgt, welche sich als reduziertes und interpretiertes Abbild der Welt in uns zeigt. Aus der Unterscheidung zwischen den Funktionen des Bewusstseins und der subjektiven Qualität der bewussten Wahrnehmung wird deutlich, dass die meisten Funktionen zwar durchaus in einem neurobiologischen Computer wie dem Gehirn realisiert werden können, die subjektive Erfahrung jedoch wesentliche Eigenschaften besitzt, die nur im Innen erlebt werden können und nicht objektivierbar sind. Aus diesen subjektiven Qualitäten leiten sich die wesentlichen Werte des Menschseins ab, wie beispielsweise Verantwortung, Liebe, Mitgefühl, Freiheit, und Würde. Daher sind die Bewusstseinswissenschaften im Gegensatz zu den Naturwissenschaften aufgefordert, sich der subjektiven Qualitäten ebenso anzunehmen und sich mit besonderer Aufmerksamkeit den daraus ergebenden gesundheitlichen, sozialen und gesellschaftlichen Themen zu widmen.