Wie viel Präsenz oder Distanz beim Lehren und Lernen?
Embodiment als Bezugsrahmen für ganzheitliche Bildung
Zusammenfassung
In der Medienpädagogik und -didaktik wird auf zahllose Möglichkeiten hingewiesen, die aus der Öffnung virtueller Räume und dem Einsatz digitaler Medien in der Lehre erwachsen. Blended Learning öffnet demnach zusätzliche Räume des Lernens und der Begegnung, ohne auf die Alleinstellungsmerkmale der Präsenzlehre zu verzichten. Warum ist es dennoch zum jetzigen Zeitpunkt nicht angebracht, optimistisch eine Gleichwertigkeit der Distanzlehre mit der Präsenzlehre zu konstatieren oder zu proklamieren? Hierfür müssen die Zusammenhänge, die zwischen Lernen mit Emotionen und körperlicher Erfahrung bestehen, betrachtet werden. Der physische Körper und die körperhafte Erfahrung im (Sozial-)Raum spielen bei Lernprozessen innerhalb einer ganzheitlichen Persönlichkeitsentwicklung eine zentrale Rolle. Zudem ist Wissen allein zunächst abstrakt; es wird erst in Menschen und innerhalb menschlicher Kommunikation zu einer bedeutungsvollen, kontextuell vernetzten Erfahrung, innerhalb derer Kognition, Emotion und Motivation engstens miteinander verknüpft sind. Menschen reduktionistisch als computationale Maschinen und den Lernprozess als reine Wissensimplementierung zu begreifen, ist schon seit Längerem zu einer lernpsychologisch sehr fragwürdigen Position geworden. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt entspricht eine je nach Inhalten und Kontexten spezifizierte, digital gestützte Präsenzlehre am ehesten den Anforderungen, die mit den ganzheitlichen Bedürfnissen von Schülern und Studierenden einhergehen. Dies steht im Einklang mit dem momentanen wissenschaftlichen Erkenntnisstand und dem subsidiären Prinzip unseres Hochschulsystems.